Mittwoch, 2. April 2008

Der Blog sagt Auf Wiedersehen

Nach über 16 Monaten, mehr als 2.250 ausgedruckter Din-A-4-Seiten, nach abertausend Arbeitsstunden stellt dieser Blog nun die Aktivitäten ein.

Als wir im Dezember 2006 mit dem Projekt "Windsheimer Geschichten" begonnen haben war die Aufgabe dieses Blogs die Informations-Verbreitung über die heute "System Bomfi" genannte Politik in unserer schönen Stadt Bad Windsheim. War die Person des Bürgermeisters zu Beginn das eigentliche Thema, so entwickelte sich der Blog rasch zu einer zweiten Zeitung.

Wir wollten keinen Politiker stürzen, sondern nur über die Machenschaften informieren. Dass dieser Blog derart berühmt werden würde, haben wir uns nie träumen lassen. Zeitweise mehrere tausend Besucher an einem Tag hatten zwei Gründe: Zum einen natürlich den Blog als solchen mit seinem Inhalt, zum anderen die von den Blog-Gegnern erst ermöglichte Publicity. Wir erinnern uns dabei gerne an die ersten Blog-Werbekampagnen von FWG und ListeLand, nach denen selbst die Windsheimer Zeitung nicht mehr umhin kam, den Blog als solchen wahrzunehmen um über ihn zu berichten.

Die beiden Quoten-Höhepunkte waren unstrittig zum einen der Bericht der Sendung Quer im Bayerischen Fernsehen über die Staatsschutz-Machenschaften und natürlich die Wahltage, an denen zwar der Server der Stadt ausgefallen war, nicht aber der Blog.

Selbstkritisch hatten wir bis zur Hochphase des Wahlkampfs feststellen müssen, dass der eine oder andere Kommentar unserer Leser, wohlgemerkt nicht einer unserer Artikel selbst, etwas hart und scharf formuliert wurde. Wir haben oft nächtelang zusammengesessen und beratschlagt, ob man Kommentare wieder löschen soll, wenn sich Kommentatoren vom "höflichen" Ton verabschiedet haben. Wer aber die Leserbriefe beider politischer Lager der letzten Wochen in der Windsheimer Zeitung gelesen hat, stellt rasch fest, dass es auch dort viele Schmähschriften gegeben hat, über die man sich - wären sie je im Blog publiziert worden - empört hätte. So blieb der Blog stets ein Abbild der Diskussionen der Bürger in der Stadt.

Dass die Bürgerinnen und Bürger nun den Bürgermeister Wolfgang "Bomfi" Eckardt abgewählt haben erfreut uns. Dem neuen Bürgermeister Ralf Ledertheil sei dies aber eine Warnung: Die Uhr lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Im Zeitalter des Web 2.0 wird eine ähnliche Politik, wie sie in den letzten 6 Jahren geherrscht hatte, sehr schnell im Wiederholungsfalle zu einem neuen Blog führen. Weder Staatsschutz noch CIA, keine Stasi und kein Chinesischer Geheimdienst können das Internet ausschalten. Wenn diese Erkenntnis dazu führt, dass die politischen Fraktionen dieser Stadt endlich wieder offen und nicht geheim arbeiten, wenn die Opposition nicht länger per se ausgeschaltet werden soll, dann ist dies schon alleine ein Erfolg dieses Blogs.

Ab sofort gibt es keine neuen Artikel und keine neuen freigegebenen Kommentare mehr. Falls es Gerüchten zufolge eines Tages einen neuen Blog geben sollte und wir davon "Wind" bekommen, werden wir diesen Blog an dieser Stelle verlinken. Das ist doch Ehrensache. Sonst bleibt der Blog so online stehen, wie er ist. Als die Folge - und nicht die Ursache - der Windsheimer Politik.

Der Kommentar aus der WZ vom 18.03.2008

Was wirklich geschah - Bürger verordneten der Stadt politischen Neubeginn

Der Souverän hat gesprochen, die Bürgermeisterwahl ist gelau­fen. Herausgekommen ist ein Er­gebnis, dass die meisten Anhän­ger beider Lager zunächst in un­gläubiges Erstaunen versetzte, und so manch einer hatte noch Stunden nach der Wahl nicht zur Gänze realisiert, was geschehen war.

Die Irritationen sind nachvoll­ziehbar, denn schließlich wird nicht alle Tage ein langjähriger Amtsinhaber abgewählt, dessen Erfolge nicht einmal von seinen erbittertsten Gegnern jemals ernsthaft bestritten wurden. Bad Windsheim hat in der Ära Eck­ardt zweifelsohne einen enormen Aufschwung erfahren. Um es den­noch zu „schaffen“, aus dem Amt gejagt zu werden, bedurfte es ent­sprechend negativer „Leistun­gen“, die in der Abwägung der Wählerinnen und Wähler nun so­gar den Ausschlag gegen Eckardt gaben.

Der noch amtierende Bürger­meister hat vor allem in seiner zweiten Amtsperiode offenbar tatsächlich so viele Leute vor den Kopf gestoßen und enttäuscht, dass er es seinen Gegnern ermög­lichte, einen Stimmungsum­schwung herbeizuführen. Die un­zureichend ausgebildete Sozial­kompetenz des Ersten Bür­germeisters hat all seinen Stär­ken zum Trotz zu seinem Sturz ge­führt. Unstrittig ist: Ein Rathaus muss ein Ort der Auseinanderset­zung und des politische Streits sein; klar muss aber auch sein: es ist kein Kriegsschauplatz und es darf schon gar nicht zum Schlachtfeld verkommen. Dem kommenden Bürgermei­ster Ralf Ledertheil sollte Ek­kardts schmerzhafte Niederlage Mahnung genug sein für seinen ei­genen (Führungs-)Stil. Grund zur Überheblichkeit hat der Neue oh­nehin nicht, denn eines ist offen­kundig: die Menschen in Bad Windsheim haben nicht in erster Linie Ledertheil gewählt, weil sie in ihm einen starken Kandidaten sahen, an dem vernünftigerweise kein Weg vorbeiführt, sie haben in erster Linie Wolfgang Eckardt abgewählt.

Dies soll die Leistung Leder­theils und seiner Wahlkampftrup­pe nicht schmälern. Nur: Grund zur Häme gibt es für die Sieger nicht. Sie alle sind nun gefordert, ihrem Mann, der ab 1. Mai an der Spitze der Stadt stehen wird, in die Schuhe zu helfen. Denn er tritt nicht nur in die von ihm selbst als etwas groß bezeichneten Fußstapfen Otmar Schallers, son­dern auch in die von Wolfgang Eckardt. Und dessen zwölfjähri­ger Weg durch die Stadtgeschichte hat beileibe nicht nur Flurscha­den angerichtet, sondern auch vie­le positive, bleibende und tiefe Eindrücke hinterlassen.

Alle, Sieger wie Verlierer vom Sonntag, haben jetzt nicht nur die Chance, sondern die Verpflich­tung zu einem Neuanfang und zu einem würdigen und respektvol­len Miteinander. Auch diese Auf­gabe hat der Souverän – und der ist nun mal immer noch das Volk – der Politik mit auf den Weg ge­geben. Nichts könnte dies besser ausdrücken als das Gleichgewicht der Kräfte im neugewählten Stadtrat.

Vielen Dank an Herrn GÜNTER BLANK